Podiumsdiskussion zur Landtagswahl
Wann kommt die Verkehrswende in Bayern?
Am Mittwoch, 20. September 2023, diskutierten im Gemeindesaal der Universitätskirche St. Ludwig unter Moderation von Eva Lell (BR):
Wann kommt die Verkehrswende in Bayern?
Am Mittwoch, 20. September 2023, diskutierten im Gemeindesaal der Universitätskirche St. Ludwig unter Moderation von Eva Lell (BR):
Die IAA Mobility verändert München
Dass nach den sehr problematischen Vorfällen zur IAA Mobility 2021 sich auch 2023 so wenig zum Guten geändert hat, macht Sorgen.
Immer und überall werden zu viele Fahrräder gestohlen, den Dieben wird es zu einfach gemacht.
KlimatreffPunkt mit dem VCD am 27. Juli von 17:30 bis 19 Uhr
Die Vorteile von Tempo 30 liegen auf der Hand: Die Ortschaften sind sicherer, Unfälle passieren seltener und sind weniger schwer, Anwohner*innen sind weniger Lärm ausgesetzt.
Bus- und Trambeschleunigung in München – Tempo für die Verkehrswende?
Thomas Werner, stv. Fachbereichsleiter für Businfrastruktur und Verkehrstechnik (Tram/Bus) bei den SWM gab detailliert Auskunft über die Beschleunigungsmaßnahmen für Trambahn und Bus in München. Mit verschiedenen Maßnahmen, z. B. Änderungen in der Steuerung der Lichtsignalanlagen (LSA), lassen sich die Fahrzeiten von Bus und Tram so beschleunigen, dass Staus und Verzögerungen in der Fahrt weitgehend vermieden werden. Ziel ist es, möglichst nur an Haltestellen stehen zu bleiben. Mit der ÖPNV-Beschleunigung erhöht die Landeshauptstadt bei Bus und Tram die Reisegeschwindigkeit und Pünktlichkeit und schont dazu die Umwelt.
Der Grundsatzbeschluss des Stadtrats im Jahr 1991 hat dazu geführt, dass sich die Pünktlichkeit deutlich verbessert hat. In verschiedenen Maßnahmenbündeln wurden und werden diese Beschleunigungen umgesetzt. Für die Tram konnte dies zwischen 1994 und 2003 umgesetzt werden, für die Busse laufen die Maßnahmen seit 1995. Noch in diesem Jahr soll das vierte Maßnahmenbündel beschlossen werden.
Nach dem Stand der LSA-Maßnahmen wurden Haltestellen und Fahrwege (Busspuren) beschrieben. An den vielen Beispielen kritischer Punkte im Streckennetz und ihrer Verbesserungen konnten die Teilnehmenden nachvollziehen, in welcher Form denn Beschleunigungen umgesetzt werden können, und welche verbleibenden Abwägungen dies teilweise erschweren. Eine häufige Beeinträchtigung entsteht durch parkende Fahrzeuge oder durch Baustellen. Trotz deutlich wachsender Fahrgastzahlen wird die Pünktlichkeit, speziell beim Bus, laufend besser und erreicht im Jahr 2018 schon 79 %.
In den Grafiken zu Reisegeschwindigkeit und Pünktlichkeit über die letzten 20 Jahre ist zu vermerken, dass sich natürlich auch die Zahl und die Führung der Linien geändert haben und somit den Durchschnittswert beeinflussen. Durch die verstärkte Realisierung von besseren Radwegen als Folge des Radentscheids gibt es gute Gelegenheiten, gleichzeitig auch die Situation des ÖPNV zu optimieren.
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite
Tram und Verkehrswende
In einer umfangreichen Übersicht stellte Andreas Barth vom Fahrgastverband PRO BAHN die Rolle der Trambahn in München dar.
Insbesondere die große Kapazität der Fahrzeuge und die leichte Erreichbarkeit der Haltestellen sorgen dafür, dass die Tram ein gerne genutztes Verkehrsmittel ist. Ein Tram-Neubau ist auch deutlich billiger und schneller umzusetzen als beispielsweise ein U-Bahn-Bau (unbenommen: U-Bahn-Linien sind auch wichtig). Das Thema von breiteren Trams, welche mit 2,65 m Breite deutlich mehr Platz haben, wurde ausführlich besprochen. Die Aufteilung des Straßenraums auf die verschiedenen Verkehrsmittel muss im Einzelfall optimiert werden, die Gleisführung an den Haltestellen angepasst werden.
Kann der ÖV seine eigene Spur im Straßenraum nutzen, und sind zugleich Maßnahmen zur Ampelsteuerung vorhanden, so hat der motorisierte Individualverkehr (MIV) kaum Geschwindigkeitsvorteile. Wenn die Tram auf Rasengleis fährt, wird auch die Versiegelung gering gehalten, und zugleich wird weniger Lärm abgegeben.
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite
Feuerwehreinfahrten
Anhand vieler sehr anschaulicher Fotos dokumentierte Matthias Altmann vom VCD KV München die Tatsache, dass sogar Feuerwehreinfahrten regelmäßig und häufig von Anwohnern, Lieferdiensten, Handwerkern und sonstigen Fahrzeugen versperrt sind, die dort unberechtigt abgestellt werden. Dadurch wird es Rettungsdiensten wie der Feuerwehr oder dem Notarzt drastisch erschwert, schnell zu ihrem Einsatzort zu gelangen. Offensichtlich gibt es nur unzureichende Vorgaben für KVR und Polizei, diese Rettungswege konsequent freizuhalten. Das verbotene Abstellen von Fahrzeugen führt auch zu Behinderungen für Fuß- und Radverkehr. Besonders verschärft sich die Situation, wenn dann noch Bauarbeiten an einem der Gebäude am Weg stattfinden.
Zum Teil mag dies auch daran liegen, dass in besonderen Situationen wie der hauptsächlich geschilderten Unklarheit herrscht über die Zuständigkeiten. Ein Weg, der zwar in Privatbesitz ist, wird im Grundbuch der Stadt zur Nutzung zugeschrieben.
Wie aber in der Debatte anschließend deutlich wurde, betrifft solch ein unzureichendes Freihalten von Rettungswegen viele Stellen in der Stadt. Ziel wäre es, Lieferzonen in größerem Maßstab einzurichten (bei gleichzeitiger strikter Kontrolle ihrer Nutzung), um ein legales Abstellen von Fahrzeugen zu ermöglichen.
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite
Radentscheid Bayern
Andreas Kagermeier, aktiv im VCD-Landesverband und beim Radentscheid Bayern, zeigte die Notwendigkeit für eine Verbesserung für Radfahrende: weg von Verkehrswegen, welche in der Regel zweite Wahl sind, weg von Unfalltoten und -Verletzten, weg von reinem Freizeitradeln. Mit dem Mittel von Radentscheiden, welches bisher in elf Kommunen Bayerns erfolgreich genutzt wurde, werden nun auch ganze Bundesländer vorwärtsgebracht. Im Gegensatz zu den meist leeren Versprechen aus Politik und Behörde wird mit dem Radentscheid Bayern ein konkreter Gesetzestext vorgeschlagen. Die beiden wichtigsten Punkte: mehr Radverkehrsanteil am Gesamtverkehr (25 % bis 2030), und Vision Zero, also keine Verkehrstoten.
Dass das Innenministerium den Radentscheid dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt hat, ändert den ursprünglich ins Auge gefassten Terminplan. Nun wird es, je nachdem wie viel Zeit die Zwischenschritte ausschöpfen, zum Beginn des zweiwöchigen Eintragungstermins im Zeitraum 12. Juni bis 2. Oktober kommen. Möglich ist auch, dass die Staatsregierung einen eigenen Gesetzentwurf vorlegt. Es besteht auch eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass der Radentscheid vom Gericht komplett abgelehnt wird. Wir sind jedoch weiter zuversichtlich, dass dies nicht erfolgen wird und die Bürgerinnen und Bürger Bayerns sich für den Radentscheid aussprechen. Bis dahin ist zum Beispiel die Sternfahrt nach München am 23. April 2023 ein Höhepunkt.
Christoph von Gagern vom VCD KV München beschrieb die Aktionen in München zum Radentscheid. Seit 1. März 2023 gibt es das Münchner Kooperations-Bündnis Radentscheid Bayern, kurz REBY-MUC. Das Koordinationsteam besteht aus fünf Köpfen, Christoph von Gagern ist einer der Sprecher. In der jetzigen Phase wird verstärkt darauf hingearbeitet, die Unterstützung von allen interessierten Seiten der Gesellschaft zu bekommen. Dazu werden die Unterstützenden gezielt angesprochen. Am 24. März gab es einen Fototermin am Odeonsplatz für Pressemitteilungen, am Abend desselben Tags trafen sich die Unterstützer*innen zu einer gemeinsamen „Arbeits-Feier“. Die Aktivitäten der kommenden Wochen fokussieren sich auf die Vorbereitung der Sternfahrt. Diese bündelt Radler*innen von 11 Startpunkten außerhalb Münchens und vier Punkten innerhalb Münchens zu einer Anfahrt, welche gegen 15 Uhr gemeinsam am Königsplatz ihr Ziel erreicht haben wird. Für Kinder und andere Teilnehmende, die nicht so lange radeln wollen, kommt noch eine kurze Strecke ab Olympiapark hinzu. Alle wichtigen Links für die Unterstützung und die Sternfahrt finden sich in den Präsentationen.
Im anschließenden Gespräch wurden viele Anregungen ausgetauscht, um die Aktivitäten noch besser handzuhaben. Beispielsweise ist eine Werbung für die Sternfahrt durch Sprühkreide auf Radwegen ein vorgeschlagenes Mittel. Die Routen der Sternfahrt, welche im Flyer detailliert gezeigt werden, machen viele Leute neugierig. Auch eine Teilnahme an Signal-Gruppen unterstützt den Austausch.
Link zur Präsentation 1 (Andreas Kagermeier)
Link zur Präsentation 2 (Christoph von Gagern)
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite
Luftreinhaltung in München
Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD-Bundesverbands, referierte über die Hintergründe. Von den Folgen schlechter Luft über Gesetzeslage und Verursacher bis zum aktuellen Fall München. Über viele Jahre wurde nur unzureichend auf die NO2-Messwerte reagiert, welche die gesetzlichen Vorgaben nicht einhalten. Deshalb führte dies zu der Klage von VCD und DUH, die sich zunächst gegen die Bayerische Staatsregierung wendete, danach dann gegen die Stadt München. In Verhandlungen im Jahr 2022 wurde ein außergerichtlicher Vergleich geschlossen, der zur 8. Fortschreibung des Luftreinhalteplans führte. Es ist aber auch klar, dass dies ein Zwischenschritt sein wird, denn die Grenzwerte für Schadstoffe werden weiter verschärft. In Europa wohl eine Halbierung für NO2 ab 2030.
Christoph von Gagern vom VCD KV München ergänzte mit einer Darstellung der Regeln, welche seit 1. Februar 2023 in München gelten: Erweiterte Umweltzone, die den Mittleren Ring nun auch beinhaltet, und Verbote für Dieselfahrzeuge nach Euro 4/IV und später nach Euro 5/V. Die hierzu geltenden Ausnahmeregeln wurden aufgeführt, und die drei zeitlichen Stufen, welche zum 1. Oktober 2023 bzw. zum 1. April 2024 jeweils Verschärfungen der Regeln vorsehen. Da das Wirksamwerden der Stufen davon abhängt, ob die bisherigen Maßnahmen das Einhalten der Grenzwerte bereits erreichen, wurde auch die Situation der NO2-Messungen erläutert. Auch die Auswirkungen auf Ausweich-Verkehr wurden dargestellt. Weiterhin wurden die ebenfalls geplanten Machbarkeitsstudien genannt, z.B. für eine City-Maut.
Das anschließende Gespräch ging auf viele interessante Aspekte ein. So wurde das Thema breit erörtert, wie denn die Verbote kontrolliert werden und welchen Effekt die Ausnahmegenehmigungen haben. Fehlt eine solide Kontrolle, so wirken auch die Maßnahmen nicht. Aus den Kreisen der Anwohner wurden bisher nicht viele Beschwerden zu den Regeln bekannt, jedoch gibt es einige Klagen gegen die Stadt. Es wurde auch genannt, welche Verbesserungen im Verkehr es denn in München in den letzten Jahren gegeben hat. So zum Beispiel die Stellplatzsatzungen, welche einen niedrigeren Stellplatzschlüssel vorsehen und damit langfristig zu einer Reduzierung der vorhandenen Fahrzeuge führen. Hier hat München im Städtevergleich eine gute Position.
Mit Blick in die Zukunft beschäftigten sich zwei Fragen. Erstens, was macht man, wenn die Maßnahmen nicht ausreichen und die Grenzwerte immer noch überschritten sind? Dann wird wohl eine weitere Fortschreibung des Luftreinhalteplans nötig, die noch restriktivere Maßnahmen vorsieht. Zweitens, die Verschärfung der Grenzwerte in wenigen Jahren wird weitere Maßnahmen brauchen. Warum sich nicht schon im Vorfeld damit auseinandersetzen und solide Planungen beginnen?
Link zur Präsentation 1 (Michael Müller-Görnert)
Link zur Präsentation 2 (Christoph von Gagern)
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite
Provokante Aktionen und ihre Bedeutung für die Durchsetzung von Klimaschutz und Verkehrswende
Jörg Bergstedt ist Aktivist und Publizist, engagiert in überregionalen Projekten zur Verkehrswende sowie in lokalen Projekten in und um Gießen. Aus seinen langjährigen Erfahrungen mit provokanten Aktionen schilderte er ein breites Spektrum an Aktionsformen. Jede Aktion lässt sich hinsichtlich der folgenden Kriterien beurteilen: Ist die Aktion gut vermittelt? Zielgenau? Gibt es eine Einbettung in eine Vielfalt an Aktionsformen? Systemkritik? Ist sie gewaltfrei? Legal? Anhand dieser Kriterien zeigt sich, dass selbst vergleichbare Aktionen unterschiedlich bewertet werden können. Dabei erscheinen die Kriterien militant/gewaltfrei und legal/illegal als nicht so wichtig für den Erfolg der Aktion.
Die geschilderten Beispiele reichten von Feldbesetzungen gegen Gentechnik über die weithin bekannten Aktionen im Dannenröder Forst (Autobahnbau, nicht erfolgreich) und im Hambacher Forst (Tagebau, erfolgreich) bis hin zu Aktionen in Gießen, die letztlich dazu führten, dass auf dem Anlagenring (dem Münchner Altstadtring vergleichbar) nun bald die Autos nur mehr in eine Richtung fahren dürfen, und die andere Richtung für einen breiten Zweirichtungs-Radweg verwendet wird. Als Verkehrsversuch zunächst.
Im anschließenden Gespräch wurde vor allem herausgestrichen, wie wichtig es ist, eine Vielzahl von Aktionsformen nutzen zu können. Das Festhalten an einer oder wenigen Formen reduziert die Aufmerksamkeit für die Aktion. Je nach politischer Lage fällt es unter Umständen aber auch schwerer, Aktionen durchzuführen. So können angemeldete Demos in München eher mit strengen Auflagen rechnen als solche in Gießen. Und letztlich bleibt mögliche Gewalt unerwünscht, sowohl vonseiten der Ordnungskräfte als auch der Demonstranten. Dagegen ist ein gutes Maß an Humor und Ironie eher förderlich.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten großes Interesse, eine Art Schulung zu möglichen Aktionsformen zu erhalten. Jörg Bergstedt bietet hierzu seine Unterstützung an.
====⇒ zurück zur Debatten-Hauptseite